Montag, 15. Dezember 2008

Lamond's Dark Reign comes to an end!


Marvel Boy – Marvel – Grant Morrison / J.G. Jones

Der Grund weshalb ich an dieser Stelle dieses Premier-Hardcover bespreche ist zweifach: Einerseits stehen die Festtage vor der Tür und damit ihr euer Weihnachtsgeld nicht wie gewöhnlich in Black Jack, Huren oder schlimmer noch, für Geschenke an eure Liebsten verschleudert, möchte ich sinnvollere Investitionsmöglichkeiten nahe legen. Andererseits wird Marvel Boy im neuen Status Quo des Marvel Universums eine entscheidende Rolle spielen, weshalb es Sinn macht, sich ein wenig mit dessen Backstory auseinanderzusetzen.

Wer meinen Comic Geschmack kennt, weiss, dass ich eine „spezielle“ Beziehung zu Mr. Morrisons Schreibstil pflege. In anderen Worten, ich halte ihn für einen ziemlich überschätzen, sich viel zu wichtig nehmenden, möchte-gern-horizont-erweiternden Hobby-Magier, der dazu tendiert, das Storytelling unnötig zu verkomplizieren um den Anschein von Tiefe in seinen Geschichten zu erwecken, in dem er den Lesern – die nicht zu seiner sektenähnlichen Gefolgschaft gehören – das Gefühl vermittelt, sie seien nicht würdig, seine Geschichten auf Anhieb zu verstehen, weil sie seine Bewusstseinsebene nicht teilen und dies auch niemals tun werden. Sieht man allerdings davon ab, stellt man schnell Fest, dass hinter dieser ärgerlichen Fassade ein äusserst talentierter Autor steckt, der durch seine Originalität und seinen Ideenreichtum glänzt und dies noch mehr tun würde, wenn er sich nicht ständig selbst im Weg stehen würde.

Zu diesem Schluss kam ich nicht zuletzt durch diesen Titel, MARVEL BOY. Die Geschichte wird im Grunde aus der Perspektive eines Ausserirdischen erzählt, dessen Motivation zwar falsch aber nachvollziehbar ist. Dabei gelingt es Morrison innerhalb einer 6-teiligen Miniserie sowohl eine fortlaufende Geschichte als auch sog. „Done-in-one-Hefte“ zu verbinden, was in der heutigen Zeit wohl eher die Ausnahme darstellt. Da es sich hierbei um einen Morrison Comic handelt, werdet ihr euch fragen: Versteht man die Story auf den ersten Leseversuch, oder muss man das ganze vier Mal durchlesen und sich anschliessend für eine der unzähligen im Internet zum Angebot stehenden Interpretationsmöglichkeiten entscheiden? Die Wahrheit ist, die Geschichte erstaunt durch ihre inhaltliche Geradlinigkeit. Morrison weiss durchaus auch hier durch befremdliche Konzepte zu begeistern, aber insbesondere das atemberaubende Artwork von J.G. Jones macht aus diesem Comic ein einzigartiges Erlebnis.

Was ich Morrison nicht zugetraut hätte ist auch das geschickte Spiel mit verschiedenen Mythen des Marvel Universums, was sich nicht zuletzt in einem neuen Bösewicht spiegelt, der inhaltlich als auch graphisch eine Hommage an diverse Marvel Ikonen darstellt. Natürlich muss man die übliche Kritik an der kapitalistischen Konsumgesellschaft, die mit der Subtilität eines Vorschlaghammers vermittelt wird, über sich ergehen lassen, aber das ist auch die einzige Schwachstelle dieses Comics.

Natürlich sollten auch ein paar Worte zu J.G. Jones verloren werden. Er ist in der Tat ein Meister seines Fachs. Nicht nur weil sein Artwork als generell leicht zugänglich gilt, sondern weil er mit seinen atemberaubenden Designs Morrisons verrückte Ideen fantastisch umsetzt, wovon schliesslich das Storytelling enorm profitiert.


Secret Invasion Front Line #5 – Marvel – Brian Reed / Castiello

Am Ende jeden Comic Events ist die Entrüstung einiger lautstarker Fans so sicher wie das „Amen“ in der Kirche. Ein Grossteil dieser Kritik ist völlig irrational und albern. Nach SECRET INVASION waren insbesondere fundamentalistische DC Fans, die sich nach der massiven Demütigung ihres geliebten Verlags durch die Konkurrenz über das gesamte letzte Jahr, ihren Ressentiments freien Lauf lassen, unter den albernsten. Dies erkannte man nicht zu letzt an der Gehaltlosigkeit und Infantilität ihrer Kritik. („Namor ist so doof! Dr. Doom ist auch doof! Emma ist erst recht doof! Lady Loki ist noch ein Stück doofer! The Hood ist am doofsten!“ usw.).

Tatsache ist allerdings, dass SECRET INVASION ein Event mit vielen Schwächen war. Ähnlich wie bereits HOUSE OF M, wurde das Ganze unnötig in die Länge gezogen. Anstatt sich auf die psychologische Ebene der Invasion durch Ausserirdische einzugehen, wurde ein ziemlich unspektakuläres Aktion-Spektakel präsentiert. Doch der neue Status-Quo am Ende der Mini-Serie hat das Ganze gerettet. DARK REIGN ist eine organische und nachvollziehbare Entwicklung, die viele neuen Geschichten ermöglicht und den Helden die Gelegenheit geben wird in einem düsteren Umfeld heller zu strahlen als je zuvor. Einer dieser Helden – viele mag das erstaunen, ist Ben Urich, der Chef-Redakteur von FRONTLINE, das liberale Konkurrenzblatt zum DB (Daily Bugle, nach der Übernahme von Dexter Bennet). Im letzten Heft einer bisher unbeeindruckenden Tie-in Mini-Serie, SECRET INVASION FRONTLINE, bekommen wir einen Vorgeschmack dessen, wie sich die wahren Helden während der dunklen Herrschaft profilieren werden.

SECRET INVASION FRONTLINE #5 war meiner Meinung nach inhaltlich das wohl beste Heft des gesamten Events. Ben Urich, der während der gesamten Invasion insbesondere an seiner Hilflosigkeit zu leiden hatte, versucht am Ende dieses Alptraums seine Beobachtungen niederzuschreiben. Doch der Schock sitzt noch tief. Nicht zuletzt deshalb, weil der Mann, den er vor einigen Jahren als den GRÜNEN KOBOLD outete (nachzulesen in THE PULSE) nun die mächtigste und beliebteste Persönlichkeit des MARVEL UNIVERSUMS ist. Doch im Gegensatz zu den Skrulls muss er diesen Alptraum nicht hilflos hinnehmen. Er kann kämpfen, denn bekanntlich ist die Feder mächtiger als das Schwert. Diese Erkenntnis löst seine Blockade und läutet eine aufregende neue Etappe im Marvel Universum ein.



The Immortal Iron-Fist #20 – Marvel – Swierczynski / Foreman / Heath

Als bekannt wurde, dass Brubaker und Fraction IRON FIST nach nur 16 Heften verlassen würden, nachdem sie der Serie innert kürzester Zeit zu Kultstatus verholfen hatten, war die Entrüstung bei der Leserschaft gross. Hinzu kam, dass ein absoluter No-Name Autor die Nachfolge antreten würde, Duane Swierczynsi, derselbe Autor, den ich letzte Woche bei der CABLE Besprechung in höchsten Tönen gelobt hatte. Doch damals wusste niemand, wie gut er wirklich sein würde und selbst die grössten Optimisten hätten in ihren wildesten Träumen nicht zu hoffen gewagt, dass er an die Qualität seiner Vorgänger anknüpfen würde.

Ich kann es selbst nicht glauben, aber die Serie wurde besser und zwar erheblich. Die Serie schreitet schneller voran ohne jedoch dem Legacy-Mythos, den Brubaker und Fraction auf die Beine gestellt haben, untreu zu werden. Swierczynski behält den Ton bei und hebt gleichzeitig die Charaktere gegenüber dem Konzept in den Vordergrund. Bei meinen persönlichen Awards hat dieser Mann gute Chancen, sich den Titel „Best New Comic Writer 2008“ zu sichern und zwar noch vor Jason Aaron, der mit Ghost Rider beinahe ein Wunder vollbracht hat.

Aber auch das Artwork von Travel Foreman gilt es zu loben. Es mag zwar nicht für jedermann augenblicklich zugänglich sein, aber es ist sehr atmosphärisch und passt perfekt zur vermittelten Stimmung. Leider entspricht die Höhe der Verkaufszahlen nicht der Höhe der Qualität, weshalb ich nur hoffen kann, dass die Serie dem unausweichlichen Schicksal der Einstellung noch ein paar Monate trotzen kann.


Amazing Spider-Man #582 – Marvel – Waid / Martin

Mit Brand New Day hat Marvel unter Beweis gestellt, dass oftmals ein uninspirierter Event fantastische Konsequenzen für eine Franchise zur Folge haben kann. Niemand bezweifelt, dass die Mephisto-Lösung etwas forciert war und dass es sicherlich elegantere Möglichkeiten gegeben hätte, Spider-Man von einem Punkt zum anderen zu bringen. Doch dies ändert wiederum nichts an der Tatsache, dass die Serie momentan zu begeistern vermag, und zwar in jeglicher Hinsicht.

Spider-Man ist wieder ein Charakter, der weniger Zeit darauf verwendet über Verantwortung nachzudenken und mehr damit, nach dieser zu handeln. Neben den kontinuierlich laufenden Subplots, die nebenbei je länger je interessanter werden, erlebt Spider-Man auch wieder kürzere Abenteuer. Eines davon in diesem Zweiteiler. Spider-Man muss eine Gruppe von Menschen retten, die bei einem Anschlag auf die U-Bahn verschüttet wurden und als wäre das nicht genug, muss er auch noch einen altbekannten Superschurken das Handwerk legen – Schocker. Natürlich klingt das nicht revolutionär, aber die Wahrheit ist, die Geschichte wirkt authentisch und trifft alle emotionalen Töne, die man von einem guten Spidey Comic erwartet: Es ist dramatisch, es ist witzig, es ist liebenswert und man fiebert über die ganze Zeit mit dem Haupthelden mit. Was will man mehr?

Ich kann euch sagen was: Marcos Martin. Der Zeichner macht unglaublich Freude, nicht zuletzt deshalb, weil sein Stil doch ziemlich stark an Steve Ditko erinnert. Er gehört momentan sicherlich zu den besten Spidey-Zeichnern. Geschrieben wurde dieser Zweiteiler übrigens von Mark Waid, der nun endlich die Chance bekommt Spider-Man zu schreiben, nachdem er bei seinem letzten Marvel Engagement kurz davor war (Er hätte ursprünglich FRIENDLY NEIGHBORHOOD SPIDERMAN schreiben sollen), bevor er dann überraschenderweise zu DC gewechselt ist.


The Astounding Wof-Man #10 – Image – Kirkman / Howard

Er hat es wieder geschafft, dieser Kirkman. Er hat eine Serie kreiert, die ähnlich wie Invincible den Leser in gnadenlos in ihren Bann zieht. Gleich geblieben ist übrigens auch der ziemlich langsame Start der Serie, durch den ihm viele Leser durch die Lappen gegangen sind. Wie bereits bei Invincible brauchte Astounding Wolf-Man ganze 7 Hefte, bis der unausweichliche Twist kam, mit dem aus einer durchschnittlichen Superhelden Serie eine umwerfende kleine Superhelden Soap wurde, von der man nicht mehr loskommen kann oder will.

Die Ausgabe widmet sich vor allem der Backstory des mysteriösen Vampirs, Zechariah. Und wie gewöhnlich zeigt Kirkman, dass er alle möglichen Klischees kennt und diese wie kein anderer zum Vorteil der Geschichte nutzt, ob er sich nun auf sie einlässt oder sie andeutet und anschliessend elegant umgeht. Fleissig und erfolgreich arbeitet er daran einen hoch spannenden Mythos um die Welt der Werwölfe und Vampire aufzubauen. Meiner Meinung handelt es sich hierbei um die eine Aufgabe, an der entsprechende Genre-Filme regelmässig gescheitert sind.

Als weiteres „Goody“ muss man Kirkmans neue Sicht der Dinge erwähnen. In einem „Manifest“ hat er im Sommer erklärt, nur noch an „Creator-owned“-Serien arbeiten zu wollen. Obwohl der Inhalt dieses Manifests hauptsächlich Blödsinn war, hatte das ganze durchaus positive Auswirkungen für seine Image-Serien. Seit einigen Monaten erscheinen sie rechtzeitig, was dem Lesespass durchaus zuträglich ist. Insofern gibt es keinen Grund, auf diese Serie zu verzichten.

So, das wars auch schon für unseren Gastauftritt bei diesem hervorragenden Review-Blog. Wir danken herzlich dafür, eingeladen worden zu sein und freuen uns bereits auf die Reviews des richtigen Bloghosts!

4 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Zum Morrison-Bashing in der Marvel Boy-Rezension:
Seltsame Mischung, du machst dich dumm ("oder muss man das ganze vier Mal durchlesen") und bist andererseits arrogant ("möchte-gern-horizont-erweiternden Hobby-Magier, der dazu tendiert, das Storytelling unnötig zu verkomplizieren um den Anschein von Tiefe in seinen Geschichten zu erwecken").
Das Einzige, was zum Verstehen gebraucht wird, ist Bildung. Sei nicht so ignorant!

Lamond hat gesagt…

Nun, hättest Du mir Borniertheit, Geschmacklosigkeit, Materialismus oder dergleichen vorgeworfen, hätte ich es hinnehmen müssen.

Allerdings ist der Vorwurf der mangelnden Bildung schlicht falsch. Es tut mir Leid, dass ich deine Illusion, dass nur "ungebildete Tölpel" bzw. Ignoranten, die Genialität von Morrisons Geschichten nicht erkennen können, widerlegen muss.

Allerdings besteht die Möglichkeit, dass Du mit Bildung die Künste der Magie gemeint hast oder sonstige Äste der esoterischen Lehren. In diesem Fall müsste ich dir zustimmen. Ich kann nämlich leider nicht zaubern oder Dämonen beschwören. Genauso wenig, kann ich Inhalt und Sinn hinein interpretieren, wo von Vornherein keiner ist.

In diesem Sinne frohe Festtage und alles Gute im neuen Jahr.

Lamond

HobieBrown hat gesagt…

Hey! Ich find Morrison gut und bin ungebildet. :-D

Anonym hat gesagt…

Also ich habe bei Marvel Boy jetzt nicht auf Anhieb alles mitbekommen.

Auch habe ich einen Satz dazu erwartet, dass das lange als "Secret first Ultimate Story" galt.

O.S.