Montag, 15. Dezember 2008

Lamond's Dark Reign comes to an end!


Marvel Boy – Marvel – Grant Morrison / J.G. Jones

Der Grund weshalb ich an dieser Stelle dieses Premier-Hardcover bespreche ist zweifach: Einerseits stehen die Festtage vor der Tür und damit ihr euer Weihnachtsgeld nicht wie gewöhnlich in Black Jack, Huren oder schlimmer noch, für Geschenke an eure Liebsten verschleudert, möchte ich sinnvollere Investitionsmöglichkeiten nahe legen. Andererseits wird Marvel Boy im neuen Status Quo des Marvel Universums eine entscheidende Rolle spielen, weshalb es Sinn macht, sich ein wenig mit dessen Backstory auseinanderzusetzen.

Wer meinen Comic Geschmack kennt, weiss, dass ich eine „spezielle“ Beziehung zu Mr. Morrisons Schreibstil pflege. In anderen Worten, ich halte ihn für einen ziemlich überschätzen, sich viel zu wichtig nehmenden, möchte-gern-horizont-erweiternden Hobby-Magier, der dazu tendiert, das Storytelling unnötig zu verkomplizieren um den Anschein von Tiefe in seinen Geschichten zu erwecken, in dem er den Lesern – die nicht zu seiner sektenähnlichen Gefolgschaft gehören – das Gefühl vermittelt, sie seien nicht würdig, seine Geschichten auf Anhieb zu verstehen, weil sie seine Bewusstseinsebene nicht teilen und dies auch niemals tun werden. Sieht man allerdings davon ab, stellt man schnell Fest, dass hinter dieser ärgerlichen Fassade ein äusserst talentierter Autor steckt, der durch seine Originalität und seinen Ideenreichtum glänzt und dies noch mehr tun würde, wenn er sich nicht ständig selbst im Weg stehen würde.

Zu diesem Schluss kam ich nicht zuletzt durch diesen Titel, MARVEL BOY. Die Geschichte wird im Grunde aus der Perspektive eines Ausserirdischen erzählt, dessen Motivation zwar falsch aber nachvollziehbar ist. Dabei gelingt es Morrison innerhalb einer 6-teiligen Miniserie sowohl eine fortlaufende Geschichte als auch sog. „Done-in-one-Hefte“ zu verbinden, was in der heutigen Zeit wohl eher die Ausnahme darstellt. Da es sich hierbei um einen Morrison Comic handelt, werdet ihr euch fragen: Versteht man die Story auf den ersten Leseversuch, oder muss man das ganze vier Mal durchlesen und sich anschliessend für eine der unzähligen im Internet zum Angebot stehenden Interpretationsmöglichkeiten entscheiden? Die Wahrheit ist, die Geschichte erstaunt durch ihre inhaltliche Geradlinigkeit. Morrison weiss durchaus auch hier durch befremdliche Konzepte zu begeistern, aber insbesondere das atemberaubende Artwork von J.G. Jones macht aus diesem Comic ein einzigartiges Erlebnis.

Was ich Morrison nicht zugetraut hätte ist auch das geschickte Spiel mit verschiedenen Mythen des Marvel Universums, was sich nicht zuletzt in einem neuen Bösewicht spiegelt, der inhaltlich als auch graphisch eine Hommage an diverse Marvel Ikonen darstellt. Natürlich muss man die übliche Kritik an der kapitalistischen Konsumgesellschaft, die mit der Subtilität eines Vorschlaghammers vermittelt wird, über sich ergehen lassen, aber das ist auch die einzige Schwachstelle dieses Comics.

Natürlich sollten auch ein paar Worte zu J.G. Jones verloren werden. Er ist in der Tat ein Meister seines Fachs. Nicht nur weil sein Artwork als generell leicht zugänglich gilt, sondern weil er mit seinen atemberaubenden Designs Morrisons verrückte Ideen fantastisch umsetzt, wovon schliesslich das Storytelling enorm profitiert.


Secret Invasion Front Line #5 – Marvel – Brian Reed / Castiello

Am Ende jeden Comic Events ist die Entrüstung einiger lautstarker Fans so sicher wie das „Amen“ in der Kirche. Ein Grossteil dieser Kritik ist völlig irrational und albern. Nach SECRET INVASION waren insbesondere fundamentalistische DC Fans, die sich nach der massiven Demütigung ihres geliebten Verlags durch die Konkurrenz über das gesamte letzte Jahr, ihren Ressentiments freien Lauf lassen, unter den albernsten. Dies erkannte man nicht zu letzt an der Gehaltlosigkeit und Infantilität ihrer Kritik. („Namor ist so doof! Dr. Doom ist auch doof! Emma ist erst recht doof! Lady Loki ist noch ein Stück doofer! The Hood ist am doofsten!“ usw.).

Tatsache ist allerdings, dass SECRET INVASION ein Event mit vielen Schwächen war. Ähnlich wie bereits HOUSE OF M, wurde das Ganze unnötig in die Länge gezogen. Anstatt sich auf die psychologische Ebene der Invasion durch Ausserirdische einzugehen, wurde ein ziemlich unspektakuläres Aktion-Spektakel präsentiert. Doch der neue Status-Quo am Ende der Mini-Serie hat das Ganze gerettet. DARK REIGN ist eine organische und nachvollziehbare Entwicklung, die viele neuen Geschichten ermöglicht und den Helden die Gelegenheit geben wird in einem düsteren Umfeld heller zu strahlen als je zuvor. Einer dieser Helden – viele mag das erstaunen, ist Ben Urich, der Chef-Redakteur von FRONTLINE, das liberale Konkurrenzblatt zum DB (Daily Bugle, nach der Übernahme von Dexter Bennet). Im letzten Heft einer bisher unbeeindruckenden Tie-in Mini-Serie, SECRET INVASION FRONTLINE, bekommen wir einen Vorgeschmack dessen, wie sich die wahren Helden während der dunklen Herrschaft profilieren werden.

SECRET INVASION FRONTLINE #5 war meiner Meinung nach inhaltlich das wohl beste Heft des gesamten Events. Ben Urich, der während der gesamten Invasion insbesondere an seiner Hilflosigkeit zu leiden hatte, versucht am Ende dieses Alptraums seine Beobachtungen niederzuschreiben. Doch der Schock sitzt noch tief. Nicht zuletzt deshalb, weil der Mann, den er vor einigen Jahren als den GRÜNEN KOBOLD outete (nachzulesen in THE PULSE) nun die mächtigste und beliebteste Persönlichkeit des MARVEL UNIVERSUMS ist. Doch im Gegensatz zu den Skrulls muss er diesen Alptraum nicht hilflos hinnehmen. Er kann kämpfen, denn bekanntlich ist die Feder mächtiger als das Schwert. Diese Erkenntnis löst seine Blockade und läutet eine aufregende neue Etappe im Marvel Universum ein.



The Immortal Iron-Fist #20 – Marvel – Swierczynski / Foreman / Heath

Als bekannt wurde, dass Brubaker und Fraction IRON FIST nach nur 16 Heften verlassen würden, nachdem sie der Serie innert kürzester Zeit zu Kultstatus verholfen hatten, war die Entrüstung bei der Leserschaft gross. Hinzu kam, dass ein absoluter No-Name Autor die Nachfolge antreten würde, Duane Swierczynsi, derselbe Autor, den ich letzte Woche bei der CABLE Besprechung in höchsten Tönen gelobt hatte. Doch damals wusste niemand, wie gut er wirklich sein würde und selbst die grössten Optimisten hätten in ihren wildesten Träumen nicht zu hoffen gewagt, dass er an die Qualität seiner Vorgänger anknüpfen würde.

Ich kann es selbst nicht glauben, aber die Serie wurde besser und zwar erheblich. Die Serie schreitet schneller voran ohne jedoch dem Legacy-Mythos, den Brubaker und Fraction auf die Beine gestellt haben, untreu zu werden. Swierczynski behält den Ton bei und hebt gleichzeitig die Charaktere gegenüber dem Konzept in den Vordergrund. Bei meinen persönlichen Awards hat dieser Mann gute Chancen, sich den Titel „Best New Comic Writer 2008“ zu sichern und zwar noch vor Jason Aaron, der mit Ghost Rider beinahe ein Wunder vollbracht hat.

Aber auch das Artwork von Travel Foreman gilt es zu loben. Es mag zwar nicht für jedermann augenblicklich zugänglich sein, aber es ist sehr atmosphärisch und passt perfekt zur vermittelten Stimmung. Leider entspricht die Höhe der Verkaufszahlen nicht der Höhe der Qualität, weshalb ich nur hoffen kann, dass die Serie dem unausweichlichen Schicksal der Einstellung noch ein paar Monate trotzen kann.


Amazing Spider-Man #582 – Marvel – Waid / Martin

Mit Brand New Day hat Marvel unter Beweis gestellt, dass oftmals ein uninspirierter Event fantastische Konsequenzen für eine Franchise zur Folge haben kann. Niemand bezweifelt, dass die Mephisto-Lösung etwas forciert war und dass es sicherlich elegantere Möglichkeiten gegeben hätte, Spider-Man von einem Punkt zum anderen zu bringen. Doch dies ändert wiederum nichts an der Tatsache, dass die Serie momentan zu begeistern vermag, und zwar in jeglicher Hinsicht.

Spider-Man ist wieder ein Charakter, der weniger Zeit darauf verwendet über Verantwortung nachzudenken und mehr damit, nach dieser zu handeln. Neben den kontinuierlich laufenden Subplots, die nebenbei je länger je interessanter werden, erlebt Spider-Man auch wieder kürzere Abenteuer. Eines davon in diesem Zweiteiler. Spider-Man muss eine Gruppe von Menschen retten, die bei einem Anschlag auf die U-Bahn verschüttet wurden und als wäre das nicht genug, muss er auch noch einen altbekannten Superschurken das Handwerk legen – Schocker. Natürlich klingt das nicht revolutionär, aber die Wahrheit ist, die Geschichte wirkt authentisch und trifft alle emotionalen Töne, die man von einem guten Spidey Comic erwartet: Es ist dramatisch, es ist witzig, es ist liebenswert und man fiebert über die ganze Zeit mit dem Haupthelden mit. Was will man mehr?

Ich kann euch sagen was: Marcos Martin. Der Zeichner macht unglaublich Freude, nicht zuletzt deshalb, weil sein Stil doch ziemlich stark an Steve Ditko erinnert. Er gehört momentan sicherlich zu den besten Spidey-Zeichnern. Geschrieben wurde dieser Zweiteiler übrigens von Mark Waid, der nun endlich die Chance bekommt Spider-Man zu schreiben, nachdem er bei seinem letzten Marvel Engagement kurz davor war (Er hätte ursprünglich FRIENDLY NEIGHBORHOOD SPIDERMAN schreiben sollen), bevor er dann überraschenderweise zu DC gewechselt ist.


The Astounding Wof-Man #10 – Image – Kirkman / Howard

Er hat es wieder geschafft, dieser Kirkman. Er hat eine Serie kreiert, die ähnlich wie Invincible den Leser in gnadenlos in ihren Bann zieht. Gleich geblieben ist übrigens auch der ziemlich langsame Start der Serie, durch den ihm viele Leser durch die Lappen gegangen sind. Wie bereits bei Invincible brauchte Astounding Wolf-Man ganze 7 Hefte, bis der unausweichliche Twist kam, mit dem aus einer durchschnittlichen Superhelden Serie eine umwerfende kleine Superhelden Soap wurde, von der man nicht mehr loskommen kann oder will.

Die Ausgabe widmet sich vor allem der Backstory des mysteriösen Vampirs, Zechariah. Und wie gewöhnlich zeigt Kirkman, dass er alle möglichen Klischees kennt und diese wie kein anderer zum Vorteil der Geschichte nutzt, ob er sich nun auf sie einlässt oder sie andeutet und anschliessend elegant umgeht. Fleissig und erfolgreich arbeitet er daran einen hoch spannenden Mythos um die Welt der Werwölfe und Vampire aufzubauen. Meiner Meinung handelt es sich hierbei um die eine Aufgabe, an der entsprechende Genre-Filme regelmässig gescheitert sind.

Als weiteres „Goody“ muss man Kirkmans neue Sicht der Dinge erwähnen. In einem „Manifest“ hat er im Sommer erklärt, nur noch an „Creator-owned“-Serien arbeiten zu wollen. Obwohl der Inhalt dieses Manifests hauptsächlich Blödsinn war, hatte das ganze durchaus positive Auswirkungen für seine Image-Serien. Seit einigen Monaten erscheinen sie rechtzeitig, was dem Lesespass durchaus zuträglich ist. Insofern gibt es keinen Grund, auf diese Serie zu verzichten.

So, das wars auch schon für unseren Gastauftritt bei diesem hervorragenden Review-Blog. Wir danken herzlich dafür, eingeladen worden zu sein und freuen uns bereits auf die Reviews des richtigen Bloghosts!

Donnerstag, 4. Dezember 2008

"Anti-Life justifies my reviews!"

Final Crisis:Resist -Rucka/Trautman/Sook

Die Unbeholfenheit, mit der DC ihr aktuelles Sommer-Event FINAL CRISIS im Vorfeld geplant und vermarktet hat, kann eigentlich nur als Selbstsabotage bezeichnet werden. Angefangen hat es damit, dass man einen der langsamsten Zeichner, J.G. Jones, an die terminsensible Mini-Serie setzte, was neben den üblichen Verspätungen zur Folge hatte, dass mehrere Aushilfszeichner eingesetzt werden mussten. Des Weiteren schien niemand bei DC fähig oder gewillt zu sein, den potentiellen Kunden die Prämisse hinter FINAL CRISIS zu erklären, was sich nicht zuletzt in einem relativ bescheidenen kommerziellen Erfolg der Serie äusserte. Doch was geradezu an Kundenbetrug grenzte war die Tatsache, dass kurz nach Erscheinen von FINAL CRISIS #1 bekannt wurde, dass CONTDOWN TO FINAL CRISIS, die wöchentliche Serie, die das Event thematisch hätte einleiten sollen, wenig bis nichts mit dem Hauptevent zu tun hatte. Es versteht sich also von selbst, dass die Erwartungen an den Inhalt einer so miserabel vorbereiteten Serie – zu mindest von meiner Seite – sehr gering waren.

Ich gestehe allerdings, dass mich die Qualität des Events bisher überzeugt hat. FINAL CRISIS ist nicht revolutionär oder wahnsinnig originell, aber die Umsetzung durch Grant Morrison – der für seine Verhältnisse überraschend verständlich schreibt – und Greg Rucka (Final Crisis Revelations, Final Crisis Resist) ist äusserst mutig. FINAL CRISIS handelt von der Apokalypse und zwar genau so, wie man sie sich in einem zeitgemässen Superhelden-Setting vorstellt: hart, schnell und hoffnungslos.

RESIST wirft einen Blick auf eine der wenig verbliebenen Widerstandszellen im DCU nach der Übernahme durch Darkseid. Von pathetischen Ansprachen und unglaubwürdigen Heldentode werden wir weitestgehend verschont. Zu sagen ist, dass mir der Cast weitgehend unbekannt war. Ich habe Ruckas CHECKMATE Serie nicht gelesen und in der Folge kannte ich nur wenige Charaktere, was aber den Lesespass nicht im Geringsten getrübt hat. Die Handlung war klar und im Gegensatz zu vielen solcher Event-Tie-ins bzw. Event-Nebengeschichten, bringt FINAL CRISIS RESIST die Handlung der Hauptserie tatsächlich weiter und zwar auf logische Art und Weise. Das Artwork von Ryan Sook ist passend, nicht zuletzt deshalb, weil er offenbar versucht hat seinen Stil an denjenigen von J.G. Jones anzunähern.


Ich komme also zum Schluss: FINAL CRISIS RESIST ist wie das gesamte Event bisher, "unwiderstehlich" und in der Folge solltet ihr euch dieser Kaufempfehlung "unterwerfen".

Preview auf Newsarama

X-Factor #37 – Marvel – David – De Landro


Die aktuelle X-FACTOR Ongoing gehörte über lange Zeit zu meinen unangefochtenen Lieblingsserien, was auf Peter Davids intelligente Charakterisierungen und eleganten Plots zurückzuführen war. Ebenfalls beachtlich war, wie gekonnt der Autor die Serie in die laufenden Events zu integrieren vermochte. Mit HOUSE OF M gab man den Hauptcharakteren eine Daseinsberechtigung und einen der mit Abstand interessantesten neuen Marvel Charakter der vergangenen 20 Jahre, Layla Miller. CIVIL WAR ermöglichte eine Abgrenzung X-Factors von den restlichen Mutanten und verdeutlichte ihre Stellung im Marvel Universum. Erst durch MESSIAH COMPLEX, ein an sich sehr gelungenes Mutanten-Event, geriet die Serie ins Straucheln und zwar gewaltig. Layla Miller, von der man ahnte, dass sie das Herz und Seele der Serie war, wurde in die Zukunft und die Serie dadurch in die Mittelmässigkeit verbannt. Was für eine Überlegung hinter diesem kreativen Schritt steckte, entgeht mir. Es ist schliesslich nicht so, als würde Layla in einer anderen Serie verwendet. Sie steckt lediglich in einer (natürlich) post-apokalyptischen Zukunft fest und dreht Däumchen.

Währendessen leidet die Serie an Einfalls- und Orientierungslosigkeit. Als wäre das nicht genug, setzte man kurzerhand Larry Stroman als neuen Zeichner an die Serie, was man offenbar nur damit erklären kann, dass die verantwortlichen Redakteure X-FACTOR blind sind oder die Serie eingestellt sehen wollen. Stromans grösstes und einziges Talent ist es nämlich, andere Zeichner wesentlich besser da stehen zu lassen als sie in Tat und Wahrheit sind.

So z.B. Valentine De Landro, der mit Ausgabe #37 zur Serie zurückkehrt und Stroman hoffentlich langfristig ablöst. Sein Stil erinnert an die ersten Ausgaben der Serie, als noch Ryan Sook den Bleistift schwang. Aber auch inhaltlich kehrte die Serie mit dieser Ausgabe beinahe zu alter Stärke zurück. Der Plot ist elegant mit den Charakterisierungen verwoben und auch sonst spürt man etwas vom alten Zauber. Eigentlich fehlt nur noch eine Zutat um die Serie wieder langfristig an die Spitze der besten aktuellen Comic Serien zu katapultieren: Layla Miller. Aber es besteht Hoffnung, denn auch wenn Layla nicht zurückkehrt, so kann man sich spätestens nach dieser Ausgabe wieder auf frisches Mutantenblut freuen, zumal die Geburt von Madrox und Siryns Baby steht unmittelbar bevor.



Resurrection Annual #1 – Oni Press – Guggenheim – Dabbs

Böse Zungen – nicht meine, ich habe eine gute, wenn nicht gar atemberaubende Zunge – fragen sich, ob anstelle von „Wiedergeburt“ nicht „Totgeburt“ passender als Serientitel gewesen wäre, zumal die Serie von Begin weg von massiven Verspätungen geplagt und von Fans und Presse weitestgehend ignoriert wurde.

Tatsache ist, dass selbst jemanden wie mir, dem langsame Entwicklungen nichts ausmachen und für den Charakter- und Dialoglastigkeit zum Aufregendsten gehört, was Comics zu bieten haben, die Serie einen Tick zu langsam war. Im Nachhinein wurde bekannt, dass Marc Guggenheim dies von Anfang an als TV-Serie geplant hatte. Daraus darf allerdings nicht geschlossen werden, dass das Comics als Medium ungeeignet sind, um eine Geschichte zu erzählen, die - trotz der Alien-Rahmenhandlung – von Begin an als eine Erforschung der menschlichen Verfassung unter Extrembedingungen geplant war. Schliesslich hatten andere Autoren mit vergleichbaren Projekten teilweise massiven Erfolg, so z.B. Robert Kirkman mit THE WALKING DEAD.

RESURRECTION wurde aufgrund des Misserfolges nach nur sechs Heften und einem Annual eingestellt. Bevor ich das Annual gelesen hatte, stand ich dieser Entwicklung ziemlich gleichgültig gegenüber. Aber mit diesem letzten Heft, wurde schmerzlich klar, welches Potential in der Serie gesteckt hat. Guggenheim übertrifft sich darin selbst, in dem er den Leser Spannung, überraschenden Plot-Twists und einer der aufrichtigsten und rührendsten Darstellung des Menschen als solchen bot.

Das Artwork von Douglas Dabbs ist zwar nichts Aussergewöhnliches, aber das ist angesichts des überwältigenden Inhalts sekundär. Für mich ist dieses Heft ein ernsthafter Anwärter auf den Titel „BEST SINGLE ISSUE 2008“.


Cable #8 – Marvel – Swierczynski – Olivetti

Hätte man mich vor nicht all zu langer Zeit gefragt, welche der aus MESSIAH COMPLEX hervorgegangenen X-Serien, die beste sein würde, CABLE wäre sicherlich nicht meine Antwort gewesen. Einerseits habe ich für den Charakter nicht sonderlich viel übrig und anderseits war Duane Swierczynski damals noch ein völlig unbeschriebenes Blatt, zumindest in der Welt der Comics.

Zugegeben, die ersten paar Hefte waren etwas decompressed, aber schnell wurde klar, dass dieser Erzählstil perfekt zum Inhalt der Serie passte. Cable hat das in MESSIAH COMPLEX geborene Mutanten-Kind in seine Obhut genommen, von dem einige meinen, es sei der Erlöser der Mutanten und andere wiederum, es sei der Anti-Christ. Zu letzterer Kategorie gehört Lucas Bishop, der sich bereits in MESSIAH COMPLEX als Verräter entpuppte und demzufolge das Kind mit aller Kraft eliminieren möchte, weshalb er sich gezwungen sieht Cable in die Zukunft zu folgen.

Doch Duane Swierczynski lässt sich nicht dazu hinreisen, einen eindimensionalen futuristischen Western zu schreiben, der auf eine finale Konfrontation zwischen dem guten und den bösen "Cowboy" hinausläuft. Vielmehr konzentriert er sich auf eine ausgesprochen ausgereifte Charakterisierung von Nathan Summers. Indem er die Geschichte bis zu einem gewissen Punkt aus dessen Ich-Perspektive schreibt, verleiht er einem ansonsten gewöhnlichen post-apokalyptischen Abenteuer die nötige emotionale Tiefe und Sensibilität, wodurch eine aufregende neue Serie entsteht.

Allen Continuity-Besessenen, die sich gerade fragen, wie wichtig die Serie für die restlichen X-Serien ist, kann ich sagen, dass Scott Summers a.k.a. Cyclops und Emma Frost die wohl wichtigsten Nebencharakteren der Serie sind, womit auch klar sein dürfte, dass die Geschichte nicht ausschliesslich in der Zukunft spielt. Vielmehr wird hin und her gewechselt, zwischen der Zukunft und der Gegenwart, wobei das Konzept der Zeitreise ziemlich klar und unkompliziert dargestellt wird.

Ariel Olivetti ist sicher kein Musterbeispiel für sequentielles Storytelling. Sein Artwork ist zugegebenermassen ziemlich statisch. Gleichzeitig ist es aber auch wunderschön und kohärent. Alles in allem ist CABLE – wie ich bereits angedeutet habe – die beste X-Serie post MESSIAH COMPLEX.



Ghost Rider #29 – Marvel – Aaron – Huat

Mir ist bewusst, dass Hobie vergangene Woche bereits ein Ghost Rider Heft in seinen Top 5 vorgestellt hat (Ausgabe #28) und müsste ich nicht die fünf besten Hefte besprechen, hätte ich es vermieden nochmals von derselben Serie zu sprechen. Aber Tatsache ist – möge Zadkiel meiner Seele gnädig sein – GHOST RIDER ist zurzeit Marvels aufregendste Serie. Was Jason Aaron aus dem Trümmerhaufen, den sein Vorgänger ihm vor 10 Heften hinterliess, gemacht hat, ist mehr als nur beeindruckend. Aaron beweist damit, dass es in der Tat keine schlechten Ideen gibt, sondern nur schlechte Umsetzungen.

Inhaltlich gibt es meiner Meinung nichts zu beanstanden. Es ist in der Tat eine Serie, die seit Aarons Übernahme kontinuierlich perfekte Unterhaltung liefert. Das Problem, darüber sind sich viele Leser einig, scheint Tan Eng Huat zu sein, der Zeichner. Und bis vor kurzem gehörte auch ich zu seinen heftigsten Kritikern. Aber die Wahrheit ist, Huat hat mich mittlerweile von seinem, zugegebenermassen sehr gewöhnungsbedürftigen, Stil überzeugt. Insbesondere in diesem Heft liefert er teilweise atemberaubende Splash-Pages, in denen sich die beiden Protagonisten in Ghost-Rider Gestalt einen epischen Kampf vor der Kulisse der tibetischen Berglandschaft liefern. Hut ab, Mr. Huat (Heh!). Das Problem an diesem Zugeständnis ist, dass ich nun wohl mit Hobie in Sachen Artwork übereinstimme, was nach ältesten Prophezeiungen nur bedeuten kann, dass die Hölle zugefroren ist und die Apokalypse bevorsteht.

Aber ernsthaft, wer diese Serie nicht liest – und betrachtet man die Verkaufszahlen, so gibt es davon viel zu viele – sollte dies schleunigst nachholen, denn es handelt sich hier um einen dieser sog. Kult-Runs, der in wenigen Jahren in den höchsten Tönen gelobt und für unerhörte Preise auf Ebay weggehen wird. Also, wenn ich euch schon nicht von der Qualität überzeugen konnte, so holt euch die Hefte zumindest aus spekulativen Gründen. So oder so, jeder gewinnt.

Preview auf Marvel.com